Der Lindenbaum (Gedicht von Willhelm Müller)
Am Brunnen vor dem Tore
da steht ein Lindenbaum.
Ich träumt´ in seinem Schatten
so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde
so manches liebe Wort.
Es zog in Freud und Leide
zu ihm mich immer fort.
Ich musst´ auch heute wandern
vorbei in tiefer Nacht,
da hab ich noch im Dunkel
die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten,
als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir Geselle,
hier findst du deine Ruh!
Die kalten Winde bliesen
mir grad´ ins Angesicht,
der Hut flog mir vom Kopfe,
ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde
enfernt von jenem Ort,
und immer hör ich´s rauschen:
Du fändest Ruhe dort!